Nur zwei Jahre nach Inbetriebnahme ist wieder Lichterlöschen am Flughafen von Kukës. Aktuell wird nur noch ein wöchentlicher Flug von Air Albania nach Basel durchgeführt.
Die albanische Regierung hat verzweifelt versucht, mit grossen Investitionen den Flughafen von Kukës zum »Fliegen« zu bringen – und Stimmen zu sammeln. Die Hoffnungen waren hoch bei der Eröffnung vor zwei Jahren. Es wurde jetzt aber zur Bruchlandung: Wizz Air, mit etwa acht Flügen pro Woche die einzige namhafte Airline am Flughafen, hat alle Flugverbindungen eingestellt. Mitten in der Hochsaison wurden sämtliche für den Rest des Sommers geplanten Flüge gestrichen.
Gemäss albanischen Medien sei der Anflug auf den Flughafen inmitten der nordalbanischen Berge zu schwierig. Ein Landeanflug zwischen den Bergen durch mit einer Kurve kurz vor dem Aufsetzen war mit Instrumenten nicht möglich. Und ein paar Wolken verhindert oft eine Landung nach Sicht. Unter diesen Umständen war die Destination für die Low-Cost-Airline Wizz Air nicht sinnvoll zu betreiben.
Wie es weitergehen soll mit der Millioneninvestition ist unklar. Es besteht wenig Hoffnung, dass andere Airlines die Lücke füllen werden. Air Albania kämpfte in den letzten Jahren ebenfalls mit Problemen: Die kleine Fluggesellschaft hat Flugzeuge nur am Hauptflughafen stationiert, weshalb man immer leer von Tirana nach Kukës und am Ende des Arbeitstags zurück nach Tirana flog.
Die Bilder von landenden Wizz-Air-Fliegern aus Kukës wird es wohl nicht so schnell wieder geben. Der tolle Anflug auf Kukës bleibt ein paar wenigen Glücklichen vorbehalten.
Betonisierung und Zerstörung von historischem Erbe sind in Albanien immer wieder ein Thema. So wurde in Tirana zum Beispiel das Nationaltheater mutwillig abgebrochen, um einem Neubau Platz zu machen.
Dieses Mal war es aber ein Wirtschaftsunternehmen, das gegen Auflagen verstossen hat. Im Norden von Durrës wird aktuell ein neuer Containerterminal gebaut. Die Platzverhältnisse am Hafen in der Innenstadt sind zu beengt. Auch am neuen Ort stand wohl nicht Platz zur Verfügung: Ein Hügel wurde abgetragen und auch eine antike Mauer war im Weg.
Die römische Stadtmauer von »Portëz« bei Porto Romano, rund sieben Kilometer nördlich der historischen Stadt, gehört nicht zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten von Durrës – aber es handelt sich um ein nationales Kulturdenkmal 1. Kategorie. Die Mauer aus dem 5. Jahrhundert schützten einst die Stadt vor Einfällen aus dem Norden. Vom Bauwerk waren noch rund 60 Meter und ein Turm erhalten. Nur wenige Besucher verirrten sich hierher an den Stadtrand: Im früheren Militärgebiet wurden die antiken Reste zwischen Pumpwerk, Ölterminals und illegalen Siedlungen von den meisten ignoriert. Für die Geschichte von Durrës ist die historische Anlage aber doch von grosser Bedeutung.
Wie aktuelles Bildmaterial zeigt, haben die Konzessionäre des neuen Container-Terminals wenig Verständnis für antike Kultur. Die Firma »Porti MBM – Multi Buoy Mooring«, ein von der Kastrati-Gruppe angeführtes Konsortium, schwieg bisher zu ihrem Vorgehen. Satellitenbilder zeigen aber die Wirklichkeit.
Die antike Mauer steht jetzt mitten im Hafen auf einer weiten Betonfläche – ungeschützt vor den schweren Maschinen, Lastwagen oder anderen potenziellen Bedrohungen. Die Natur, in die die römische Stadtmauer eingebettet war, gibt es nicht mehr: Das Gelände wurde planiert, der Hügel im Süden abgetragen.
Die albanische Online-Publikation »Amfora« wies schon letztes Jahr darauf hin, dass die Maschinen bei den Arbeiten antike Steine beschädigt hatten. Schlimmer noch: Mehr als ein Drittel des Kulturdenkmals wurde bei den Bauarbeiten komplett abgetragen, für immer zerstört. Vom Tor in der ehemaligen Stadtmauer ist nichts mehr vorhanden.
Die kläglichen Reste der römische Stadtmauer (neues Bildmaterial soeben von »Amfora« publiziert) stehen jetzt inmitten der Kai-Anlagen des Hafens, von Lastwagen, Baumaterialien und weiteren Gütern zugestellt. Das Kulturdenkmal ist nicht geschützt, nicht zugänglich und nicht markiert. Die Behörden seien sich der Situation bewusst, aber niemand sei eingeschritten, schrieb »Amfora«.
Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis die Mauer von Portëz nach 16 Jahrhunderten »endgültig Geschichte ist«.
Was ist Armutsgefälle? – Wenn der Tageslohn meines Gegenüber unter meinem Stundenlohn liegt. Oder auch: Wenn es ihn einen Tageslohn kostet, mich zum Kaffee einzuladen. Wer Albanien kennt weiß: Er macht es trotzdem. Und ich habe eine Weile gebraucht, einen Weg zu finden, damit umzugehen.
Es gibt etwas, was mich in Albanien bei der Begegnung mit Landsleuten (zu denen ich jetzt mal großzügig auch Österreicher und Schweizer zähle) ärgert und beschämt. Touristen wie Expats loben die albanische Gastfreundschaft. Die Großzügigkeit und die Kultur, einzuladen und zu schenken. Wie auch nicht? Selbst Leute, die eigentlich etwas verkaufen sollten, schenken es oft her. Ein Hotelbesitzer, den ich für die Gastkultur lobte, stöhnte mal: »Ja, so sind wir. Am liebsten würden meine Kellner jeden einladen. Nur: Wovon bezahle ich dann ihren Lohn?«
Leider nehmen Gespräche darüber mit Landleuten öfter einen für mich ganz unerfreulichen Verlauf. Da geht es schon mal einen halben Abend lang darum, wo und wieviel man sparen kann, wenn man »es richtig anstellt«. Wo man hingeht, um sich einladen zu lassen. Wer etwas billig oder sogar umsonst für einen macht. Wie man den Preis drückt. Und: Wie man vermeidet, dass der Albaner an einem selbst ein gutes Geschäft macht. Ich empfinde das als Schnorren. Und es ekelt mich an.
Wenn ich mit einem Fahrzeug, dass den halben Lebenslohn meines »Gastgebers« kostet, in die Werkstatt komme, lass ich mir nicht mal eben was »für umme« richten. Ich finde einen Weg, dass ökonomisch nicht ich, sondern mein Gegenüber profitiert. Denn ich bin ja schon beschenkt. Mit seiner Zeit. Mit seinen guten Absichten. Und ja, das ist manchmal kompliziert. Wenn der Albaner partout kein Geld annehmen will und ich Zeit brauche, ein ihm nützendes Geschenk zu besorgen.
Aber was macht man im Café? – Ich werde oft angesprochen. Und eingeladen. Und nein, ich bin kein attraktives Mädel. 😉 Mir war das angesichts des Armutsgefällt lange peinlich. Andererseits ist der Versuch, den Albaner an seinem Heimatort einzuladen, aussichtslos. No chance! Wer Albanien kennt weiß, wovon ich spreche …
Meine Lösung ist der Gang zur Toilette. Jedenfalls der vermeintliche. Und der will gut getimed sein. Nämlich so, dass ich Kellner oder Kellnerin in einem freien Moment und außerhalb des Sichtfeldes meiner mich einladenden Tischgenossen erwische. Dann zahle ich einfach den Tisch. Natürlich verkünde ich es am selbigen nicht. Sondern verabschiede mich irgendwann. Mit klammheimlicher Freude.
Erzähle ich das albanischen Freunden, freuen sie sich. Denn, so sagen sie, ich hätte nicht nur etwas fürs Portemonnaie getan. Sondern vor allem etwas für die Herzen. Wenn ich weg sei, würden Keller und Gäste sicher eine Weile darüber reden und sich freuen, wie nett da jemand sei. »Nga zemra« – von Herzen. Und ja, ich freue mich auch. Und zwar von Herzen.
Herzlichst,
Käpt’n Eddy
(www.romotour.ro)
Ein Fotoalbum, das den Weg in die Bibliothek von Michael Schmidt-Neke fand, gibt interessante Einblicke in das Leben in Albanien Mitte der 1950er Jahre.
Fast alles im Land war damals noch im Aufbau. Auch Sport fand unter einfachsten Gegebenheiten statt – wobei damals auch bei uns Handball noch eher auf dem Feld und kaum in der Halle gespielt wurde. Es waren meist auch keine Profis, sondern einfache Ansätze eines Vereinswesens, natürlich staatlich kontrolliert, gesteuert und gefördert. Freizeitgestaltung dieser Art war damals für Albanien etwas Neues – auch ein Zeichen für die neuen Möglichkeiten im kommunistischen Alltag. Dass auch Frauen in kurzer Sportbekleidung sich öffentlich zeigen, wäre vor dem Krieg wohl undenkbar gewesen. Sport wurde vom Regime als gesundheitsfördernd verkauft. Insbesondere Fussball-Schauen erfreute sich bei den Männern aber grosser Beliebtheit, weil es eine unverbindliche Freizeitbeschäftigung und ein ungefährliches Gesprächsthema war.
Nichts bekannt ist leider über den Urheber, der diese 20 Bilder liebevoll in einem Album zusammenstellte. Vielleicht ein professioneller Fotograf? Das (leere) Album wurde aus der Tschechoslowakei importiert.
Nationale Box-Meisterschaft in Korça, darunter der dreifache Meister Todi Janku
Turnier »10. Jubiläum der Befreiung Albaniens« im Qemal-Stafa-Stadion in Tirana
Spiel von »Partizani Tirana« gegen eine bulgarische Mannschaft, vermutlich ZSKA Sofia, im Qemal-Stafa-Stadion in Tirana
Fussballspiel in Shkodra zwischen »Rezervat e Punës Leningradit« – vielleicht eine sowjetische Mannschaft auf Gasttournee – und »Puna«. Damals trugen sieben Klubs in der ersten albanischen Liga den Namen »Puna« – vermutlich war das die Shkodraner Mannschaft, die sich ab 1958 wieder »Vllaznia Shkodra« nannte, oder eine Auswahl albanischer Spieler. Das »Stadion Vojo Kushi« wurde in den 1990er Jahren nach der Fussballlegende Loro Boriçi umbenannt.
Fussballspiel zwischen »Rezervat e Punës Leningradit« und »Dinamo Tirana« oder einer Auswahl von Spielern aus Tirana im Qemal-Stafa-Stadion
Fussballspiel: Die Mannschaft von »Puna« im Stadion von »Parizani Tirana«
Das Damen-Team »Studenti« tritt gegen die Spielerinnen von »Dinamo Tirana« an.
Die albanischen Meister 1954 – nach Quellen müsste dies »Partizani Tirana« sein. »Partizani-Spieler« Jorgji Kona war nicht nur in der Basketball-Nationalmannschaft (und wurde 1957 mit dieser an der EM in Sofia letzter), sondern auch Volleyball-Spieler.
Nationale Meisterschaft in Shkodra – Spitzenkampf der Damen-Teams von »Dinamo Tirana« und »Partizani Tirana« und die Männer-Teams »Puna« und »Spartak«.
Bilder nicht unter CC-Lizenz, Urheberrechte beim unbekannten Fotografen.
Urban Exploring ist zur Zeit in aller Munde. Dass Menschen irgendwo über Zäune steigen, um alte, verlassene Anlagen zu erkunden, scheint für viele fremd zu sein. Dabei ist der Grat zum Illegalen sehr schmal.
Seit fast 30 Jahren erkundige ich Albanien. Immer wieder habe ich Orte besucht, bevor sie in den touristischen Fokus gelangten. Dabei habe ich auch manchen Zaun überwunden, Bunker inspiziert und bin auf Militärgelände gelangt. Ein Urban Explorer bin ich deswegen noch lange nicht. Aber ich bin sicherlich auch nicht der einzige, dem Zäune regelmässig in die Quere kommen.
Es gibt Touristen, denen reicht das Besuchen von Sehenswürdigkeiten, die alle anderen auch besuchen. Es gibt aber andere, die gerne Neues sehen möchten – gerade, wenn sie das Standardprogramm schon abgeklappert haben. Da beginnt in Albanien das Problem: Viel Sehenswertes, viel Altes ist noch gar nicht erschlossen. Es stehen zwar im ganzen Land am Strassenrand Hinweisschilder, die auf Sehenswürdigkeiten verweisen. Wenn man sie aber dann mal gefunden hat über holprige Strassen oder längere Wandertouren, steht man im besten Fall vor ungeschützten und unbeschriebenen antiken Mauern in der Landschaft. Im schlechteren Fall steht man vor verschlossenen Türen.
Manchmal hat jemand in der Nachbarschaft den Schlüssel für die Kirche oder die Moschee. Und manchmal verschafft man sich halt selber Zutritt. Irgendein Loch im Zaun findet sich immer!
In Zgërdhesh, einer antiken Stadt aus illyrischer Zeit und oft als das alte Albanopolis vermutet, galt es gleich mehrere Viehzäune zu überwinden, die zum Teil mit Dornen gesichert waren. Schon der Eingang zum Areal war eine einfache Holztür versteckt im Gebüsch.
Bei der antiken Basilika von Arapaj war mein Skrupel ebenfalls klein, durch den Zaun zu steigen: Immerhin war ja auch schon eine Herde Schafe dieses Kulturdenkmal am Besichtigen.
In Rubik reichte ein Griff durch das Eisentor, um sich Zutritt zum Kirchengelände zu verschaffen.
An anderen Orten wie der alten Burg von Borsh sind ebenfalls keine Wegweiser oder Ähnliches zu finden, das die Besucher leiten würde. Man stolpert über Felsgestein und alte Mauern und weiss nicht, wo man aufhören soll. Aber der Schafhirte würde ja schon reklamieren …
In Südalbanien sind zum Teil ganze Dörfer fast menschenleer und verlassen. Wie beim Wandern in den Bergen ist man meist auf sich selber gestellt: Man sucht sich einen Weg, kraxelt über Viehzäune und Mauern, schlägt sich durchs Gestrüpp. Umso grösser die Freude, wenn man dann am Ziel angelangt ist. Eine Geschichte mehr zu Erzählen.
Das Klettern über alte Mauern und dergleichen gehört immer wieder zum Besichtigungsprogramm – auch wenn nicht immer ganz ungefährlich. Das Erklimmen alter, verfallener Mauern birgt ein beträchtliches Risiko. Beim Besteigen der Pyramide in Tirana konnte man auch abrutschen. Und zur Skanderbeg-Burg am Kap Rodon ist schon der Weg teilweise kriminell.
Ein Wegweiser steht direkt an der Wand eines alten Artilleriebunkers. Im Bunker drin? Eine Herde Ziegen, die Schutz vor der Sommerhitze sucht.
Bunker stehen in Albanien ja sowieso überall rum. Mal kleiner, mal grösser. Kaum je findet sich ein Zaun, der Neugierige abhält. Meist sind es eher Dornengestrüpp, Müll und Dreck, die einen von vertieften Besichtigungen abhalten.
Wobei: in Tirana gehört die Besichtigung von Bunkern aus kommunistischer Zeit schon zum Standard-Touristenprogramm. »Bunk’Art 1« ist aber viel mehr als ein Bunker. Hier werden Militärgeschichte, Urban Exploring und Kultur zu einem Erlebnis vereint.
Auch sonst sind Militärgelände zwar noch gelegentlich umzäunt – sie scheinen meist aber ebenfalls verlassen und mehrheitlich verfallen. In solche Gelände bin ich nie eingedrungen. Aber nicht immer ist das Betreten vom militärischem Gelände verboten. Bei der Besichtigung von Orikum wurde man am Tor der Marinebasis noch kontrolliert.
Anders in Shëngjin, wo die Strasse durch den Marine-Hafen führt. Hier wirft man natürlich auch einen Blick auf die schrottreifen Kähne am Ufer. Und in Gjadër quert die Landstrasse die Rollbahn, die den unterirdischen Flugzeughangar mit der Piste verbindet. Sazan gehört heute zum Routineprogramm von Ausflugsbooten. Und auch der von Soldaten bewachte Brigadenpalast am südlichen Stadtrand von Tirana darf am Wochenende besichtigt werden (von aussen). Man muss es nur wisse und freundlich die Wachen fragen.
Nicht immer ist ganz klar, wo man sich jetzt überhaupt befindet. Beim Wandern auf dem Dajti kehrte ich mal um, weil mir ein Haus zu militärisch vorkam. Kurz darauf traf ich auf patrouillierende Soldaten. Einen Zaun oder ein Verbotsschild hatte ich nicht passiert. Und sie waren wohl genauso überrascht, auf mich zu treffen, wie umgekehrt – aber es blieb beim freundlichen Gruss. Auf der Infotafel waren Wanderwege bis zum Gipfel verzeichnet. Kurz zuvor machte ich aber kehrt am Zaun.
in Albanien ist sowieso vieles nicht ganz so klar definiert wie in Mitteleuropa. Übergänge scheinen oft fliessend: Manches, was zu Hause niemals als Weg dienen darf, ist hier die bevorzugte Verbindung – zum Beispiel Eisenbahnschienen oder das Mäuerchen eines alten Wasserkanals in einer Felswand in den Albanischen Alpen. Oft ist auch der Verfallszustand nicht ganz klar: Ist das ein Weg? War das ein Weg? Wird das ein Weg? Ist dieses Gebäude noch genutzt oder schon Ruine?
Verfallene Gebäude waren früher in Albanien noch viel häufiger anzutreffen. Zwischenzeitlich ist vieles renoviert, restauriert und umgenutzt. So zum Beispiel das ehemalige Albturist-Hotel in Valbona.
In Kukës ist das Albturist-Hotel noch immer eine Ruine, die wegen ihrer idyllischen Lage Ziel vieler Spaziergänger aus der Stadt ist. Der Garten lädt noch heute zum Verweilen. Die Ruine ist nicht abgesperrt – die leeren Türöffnungen laden ein zum Erkunden. Auch hier ist Vorsicht geboten: Die Ruine ist vermüllt, und wer weiss, wie sicher die alten Mauern und Böden sind? Es bietet sich aber ein interessanter Einblick in die Parade-Architektur aus sozialistischer Zeit.
Die Reste von Wandmalereien im ehemaligen Restaurant zeigen spannende Details ideologischer Geschichtenerzählung.
Wer in Albanien unterwegs ist – zum Teil auch einfach wandernd in den Bergen – steht also immer wieder vor Zäunen und fragt sich: Darf ich hier durch? Soll ich hier durch? Muss ich hier durch?
Nicht immer ist der Sinn des Zauns klar – gerade, wenn er halb verfallen ist: Hindernis für Mensch? Oder Hindernis nur fürs Tier? Oder Überbleibsel aus alter Zeiten?
Manchmal muss man frustriert umkehren, weil man keinen Einlass findet. Oft findet sich die Person mit dem Schlüssel – oder ein Wächter lässt einen passieren. Aber wenn weit und breit kein Mensch ist, der helfen kann, dann muss man sich auch ab und zu selber helfen. Nicht immer kann man abschätzen, ob das Öffnen der Türe, das Kriechen durch den Zaun ok und akzeptiert, oder nur tolleriert oder sogar unerwünscht ist. Aber man richtet ja keinen Schaden an …
Natürlich sind klare Verbote zu akzeptieren. Aber auch das kann eine erzählenswerte Geschichte geben:
Einmal waren wir in Ulza unterwegs. Mehrere Einheimische waren auf der Krone der Staumauer unterwegs. Ein Wächter verwehrte uns aber den Zutritt zum Damm. Auch nach telefonischer Rückfrage beim Chef wollte er uns nicht durchlassen: »Nur für Dorfbewohner!«. Da meinte der Amerikaner in unserer kleinen Reisegruppe: »Unë jam fshatar!« In einem kleinen, abgelegenen Ort im Nordwesten der USA aufgewachsen und lange in Alaskas Wildnis lebend, fühlte er sich im Herzen immer noch als »Dörfler«. Aber auch das mochte den Wächter nicht erweichen.
A propos Zaun: Kennen Sie den südalbanischen Besteckzaun?
Rund um Gjirokastra finden sich immer wieder Zäune, die aus Resten vom Stanzen in der örtlichen Besteck-Fabrik entstanden sind.
Hast auch du in Albanien auch Zaun-Erlebnisse gemacht? Schreibe es in die Kommentare unten – wir freuen uns, deine Geschichten zu lesen!
Nach mehr als zweieinhalb Jahren und einer Corona-Pandemie ist das schwere Erdbeben in Albanien vom November 2019 weitgehend in Vergessenheit geraten. Dabei gingen die Bilder von eingestürzten Häusern damals um die Welt. Viel Geld wurde gesammelt für die Betroffenen: Zehntausende wurden obdachlos. Viele mussten den Winter in Zelten überbrücken, andere lebten vorübergehend in Hotels oder bei Verwandten. Oftmals kehrten die Bewohner auch in die einsturzgefährdeten Häuser zurück. Die Pandemie machte die Situation für viele noch schlimmer.
Die internationale Gemeinschaft stellte Albanien mehr als 1 Milliarde Euro für den Wiederaufbau zur Verfügung. Trotzdem war im Februar 2020 – drei Monate nach dem Beben und kurz vor dem Ausbruch der Pandemie – noch sehr viel unklar, wie der Wiederaufbau vorangehen sollte (vgl. News vom 29. Februar 2020).
Wo stehen wir zweieinhalb Jahre später? Wie sieht die Lage heute aus? In den Schadenszentren sind die Ruinen verschwunden, neue Wohnhäuser, Krankenhäuser und Schulen entstanden. Aber profitieren davon auch die Richtigen?
Die folgenden persönlichen Eindrücke von Erkundigungen in diesem Sommer sollen ein Bild der Lage vermitteln.
Thumana
»Thumana Anfang Juni dieses Jahres. Einige Wohnblocks wurden schon bezogen, die vielen kleinen identischen neuen Häuser stehen leer und etwas trostlos am Rand der Hügel. Ein Blick durchs Fenster zeigt, dass alles eingerichtet ist: Betten, Sofa, Fernseher …
An der Hauptstrasse sind noch neue Verwaltungsgebäude und eine Klinik im Bau. Das neue Schulgebäude ist schon fertig.
Ein paar Kinder spielen in der mittäglichen Hitze auf den neuen Sportplätzen. Eine Frau kommt vom Einkaufen zurück. Ja, die neuen Häuser seien schon gut. Aber vor dem Erdbeben hätte sie drei Wohnungen gehabt, jetzt nur noch eine …
Kein Ort wurde vom Erdbeben so stark getroffen wie Thumana. Wir klettern auf den alten Wasserturm hoch, der heute Aussichtsturm und Mahnmal ist. Bilder im Innern erinnern an das Unglück. Von oben bietet sich ein umfassender Ausblick über das Neubaugebiet. Da die Wohnblocks, dort die leerstehenenden Häuschen.
Ist das Katastrophentourismus? Oder doch noch Anteilnahme?
Die Leere verstärkt das ungute Gefühl noch mehr. Zwar sind viele Wohnungen in den Wohnblocks bezogen. Aber trotzdem ist das Neubaugebiet fast menschenleer. Was stimmt nicht?
Erfüllen die neuen Häuser überhaupt ein Bedürfnis? Oder sind alle Menschen weggezogen – wegen des Erdbebens oder weil wie fast überall in Albanien das Einkommen fehlt? Der Wachmann weiss nicht, wann die Häuser bezogen werden sollen. Anscheinend fehle es noch an Wasser.«
— Lars
Thumana war einer der Orte in Albanien, die am stärksten vom Erdbeben getroffen worden sind. Fast die Hälfte der Todesopfer war hier zu beklagen. Das Dorf im Nirgendwo zwischen Fushë-Kruja und Lezha liegt abseits der Autobahn – es ist nicht viel los. Mit der Unterstützung von Stiftungen des türkischen Staats und von Behgjet Pacolli wurden hier mehr Häuser neu hochgezogen als anderswo. Auch einen neue Schule wurde gebaut, weitere öffentliche Gebäude sind in Entstehung.
Diashow Thumana
Peza e Madhë
»Auf den Bauplatz bei Peza e Madhë bin ich zufällig gestoßen, da eine neue breite Straße von der Dorfstraße abzweigt und kurz später an einer improvisierten Straßensperre und Bauschild endet. Die Häuser am Ring sind bisher erst teilweise im Bau.
Der Bewohner vom benachbarten Haus kam hinzu und erklärte, er sei der Aufseher der Baustelle. Dies sei ein ehemaliges Militärgelände gewesen. Und ja, auf älteren Luftbildern sieht man noch die abgebrochenen Lagerhäuser.
Ein Bericht erklärt, dass hier 30 Häuser gebaut werden, auch Sportplätze sind eingeplant. Wann die Häuser fertig werden, steht wohl in den Sternen. Die Lage ist zwar sehr schön, aber etwas weitab vom Dorfkern.«
— Gjergj
Die Region im Tal des Erzen und Peza erhielt nur wenig Aufmerksamkeit in den Medien und nur wenig Hilfe, obwohl sie auch schwer vom Erdbeben getroffen wurde. Etwas nördlich von Peza ist eine Siedlung im Bau. Die auf dem Bauplakat der Bashkia Tirana angekündigte Bauzeit von einem halben Jahr wird wohl nicht eingehalten werden können.
Peza e Madhë
Ndroq
»Die neue Siedlung in Ndroq war im Juni äußerlich fertig, aber vollkommen unbewohnt, von demjenigen Haus abgesehen, das dort früher schon stand und jetzt von der Siedlung umbaut ist. Ein Funktionsgebäude befindet sich im Rohbau.
Die Nationalstraße verläuft direkt vor der Siedlung und wurde genau in dem Abschnitt extra neu asphaltiert, damit alles ›neu‹ wirkt. Die Siedlung ist für meine Begriffe viel zu eng bebaut: kein Platz für Grünanlagen, geschweige einen kleinen Hausgarten. Offenbar gibt es ein Problem, ausreichend Land zu erwerben, man konnte die Häuser nicht einmal mit Abstand zur Nationalstraße bauen.
Im Juni fehlte den Häusern die Einrichtung. Wie in Peza und andernorts sollen die Wohnungen möbliert übergeben werden. Die weißen Markierungen auf den Siedlungsstraßen wirken wie auf einem Verkehrsübungsplatz für Kinder. Auf dem großen Parkplatz hinter der Siedlung steht nur mein Mietwagen. Wahrscheinlich werden die Bewohner Fahrzeuge doch lieber direkt vor dem Haus abstellen wollen.«
— Gjergj
Eine weitere neue Siedlung für die Erdbebenopfer ist in Ndroq entstanden – einem Ort westlich von Tirana an der südlichen Strasse nach Durrës. 74 Familien sollen hier eine neue Heimat finden. Edi Rama und Tiranas Bürgermeister Erjon Veliaj waren Mitte Mai nach Ndroq gekommen, um die Häuser zu inspizieren, Reden zu halten, Journalisten zu beeindrucken und Hände zu schütteln. Schlüssel wurden keine übergeben. Und drei Wochen später hatte sich noch nichts getan.
Laç
»Laç ist lebendig an diesem Samstagmittag. Leute sind unterwegs, erledigen Besorgungen, die Polizei kontrolliert den Verkehr. Laç ist keine schöne Stadt – auch nicht für albanische Verhältnisse: nur wenige neue Gebäude überragen die alten kommunistischen Wohnblocks.
Plötzlich taucht Farbe auf. Ein kompletter neuer Stadtteil, vier- und fünfstöckige Wohnhäuser dicht an dicht. Der Baustil wirkt fremd für Albanien. Die grosse Nähe zwischen den Bauten ist hingegen nicht untypisch.
Zwischen den Häusern eine grüne, saubere Parkanlage. Viele frisch gepflanzte Bäume. In der Mittagshitze sind Bänke und Spielplatz verwaist. An einer Ecke zur Hauptstrasse steht eine nüchterne Stele, die an das Erdbeben erinnert. Auf einer Seite steht »Sheshi Erdoğan« – der Platz ist dem türkischen Präsidenten gewidmet.
Gegenstände auf verschiedenenen Balkonen zeugen von Bewohnern. Trotzdem sind nur wenige Menschen zu sehen im neuen Viertel. Vielleicht alle gerade unterwegs in der Innenstadt auf der anderen Strassenseite für Besorgungen oder bei der Siesta?
In der Stadt sind noch weitere Baustellen zu sehen. Hier wird noch an manchen Orten anderes aufgebaut: Schulen, Krankenhaus.«
— Lars
Auch Laç, zwölf Kilometer nördlich von Thumana, ist stark getroffen worden vom Erdbeben. Mehrere Wohnblocks in der kleinen nordalbanischen Stadt sind eingestürzt oder waren einsturzgefährdet. Viele Menschen wurden obdachlos. Im Januar reiste der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan an. Die Türkei hatte den Wiederaufbau mit Millionen Euro unterstützt. Einen Monat später erhielten die ersten Bewohner die Schlüssel für ihren neue Wohnungen. Mehr als 500 Familien erhielten ein neues, sicheres Zuhause. Diesen Sommer wurde in der Stadt auch ein neues Krankenhaus eröffnet.
Rückblick
»Fährt man durch Albanien, sieht man da und dort neue Gebäude oder gar neue Siedlungen. Zweieinhalb Jahre nach dem Erdbeben wurde einiges getan, was ein gutes Gefühl hinterlässt.
Zaubern kann natürlich niemand. Manches ist auch noch nicht fertig: Verwaltungsgebäude, Kulturzentren und medizinische Einrichtungen sind hier und da noch im Bau. Aber den Menschen ein Dach über dem Kopf zu geben, hat auch Priorität.
Dass neue Siedlungen sich nicht immer harmonisch in die Umgebung einpassen, ist auch normal, Aber doch wirkt vieles fremd, landesuntypisch. Ob die neuen Häuser die Bedürfnisse der ländlichen Bewohner erfüllen? Ob vieles gerade deswegen noch so leer wirkt, weil die Menschen noch nicht angekommen sind?
Dass den Menschen geholfen wird, macht Freude. Trotzdem bleibt ein komischer Eindruck zurück. Die Zukunft wird zeigen, ob in den neuen Siedlungen bald viel Leben aufblühen wird.«
— Lars
»Alle neuen Siedlungen sind in ihrer Bauform etwas Neues für Albanien. Blickt man von den Bergen von Kruja ins Tal, so fällt die neue Siedlung von Fushë-Kruja unweigerlich ins Auge. Solche Siedlungen mit eng bebauten kleinen Häuschen, den roten Dächern gab es bisher nicht. Ob sich die Bewohner hier einleben werden? Ein Besuch ein Jahr nach dem Bezug wird besonders interessant werden. Konnten die Bewohner hier heimisch werden? Ich habe ein paar Zweifel.«
— Gjergj
Im Kulturzentrum »Tulla« in Tirana ist aktuell eine Gruppenausstellung zu sehen. Ein Teil davon ist das Werk »Her Boyfriend Came Back From The War« von Valentina Peri. In diesem Projekt verfolgt die italienische Künstlerin den Militäreinsatz ihres Grossvaters in Südalbanien während des Zweiten Weltkriegs.
Wie Tausende andere italienische Soldaten versuchte er nach dem 8. September 1943, der Verhaftung durch die Nazis zu entgehen. Er versteckte sich in Albanien und gelangte erst 1945 zu Fuss in die Heimat zurück. Er hatte nie über seine Erlebnisse berichtet – wie auch die Erlebnisse der anderen Soldaten in Italien kaum einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurden.
Peri fand aber 120 Fotos, Postkarten und Briefe sowie eine Art Tagebuch, nachdem der Grossvater gestorben war. Sie reiste in der Folge auf den Spuren des Nonno nach Albanien. In der Ausstellung stellt sie seine Fotos aus und setzt sie in Kontrast zum heutigen Albanien.
Ihre Ausstellung beschränkt sich nicht nur auf das Material an den Wänden. Mit Hilfe von »Augmented Reality« und dem entsprechenden App kann man auf dem eigenen Smartphone weitere Infos abrufen. Und auch online stellt Valentin Peri viel Material zur Verfügung:
Auf ihrer Website www.hbcbftw.com findet sich ein Teil des reichen Fotoschatzes ihres Grossvaters, die Liebesbriefe der Grosseltern und die eigenen Erfahrungen, die Peri in Albanien gemacht hat.
Das Stöbern auf der Website ist empfehlenswert: spannendes Bildmaterial aus unbekannten Zeiten und unbekannten Ecken. Dazu zahlreiche nette und traurige Geschichten wie diejenige von den Schildkröten essenden Italienern oder von den Haarzöpfen der Grossmutter. Wer die Website auf einem grossen Bildschirm anschaut und auf dem Smartphone das AR-App installiert hat, kann auch dort das ergänzende Bildmaterial einblenden.
Mit dem Finale der UEFA Conference League wurde gestern erstmals ein internationaler Sportevent mit Zehntausenden von Zuschauern in Albanien ausgetragen. Der Anlass lief im Allgemeinen problemlos über die Bühne. Organisatorisch hatte man aber in vielen Aspekten Grenzen erreicht.
Im erstmals durchgeführten Turnier siegte die AS Roma gegen Feyenoord Rotterdam dank eines Treffers in der ersten Halbzeit. Seither steht die italienische Hauptstadt Kopf. Seit dem Pokalsieg 2008 hatte die AS Roma keinen Titel mehr gewonnen, und auch die laufende Saison ist nicht berauschend.
Gefeiert wurde aber nicht nur in Rom, sondern natürlich auch in Tirana. Schon Tage vor dem Spiel reisten Fans beider Mannschaften an – Zehntausende. Die genauen Zahlen sind unbekannt. 90’000, wie mancherorts behauptet, dürfte wohl etwas übetrieben sein.
Die albanischen Behörden haben alles gemacht, um einen reibungslosen Ablauf sicherzustellen. Für die Einheimischen war das auch mit erheblichen Nachteilen verbunden: Die ganze Innenstadt innerhalb der »Unaza«-Ringstrasse und südlich der Lana war am Tag des Spiels für den Autoverkehr gesperrt. Tirana stand still. So konnten die Fans gut mit Bussen vom Flughafen in die Stadt gebracht werden. Tausende Polizisten waren in Bereitschaft.
Gerade die albanische Polizei ist sich solche Fan-Aufmärsche nicht gewohnt. In Albanien lockt der Fussball kaum noch Zuschauer in die Stadien, Risikospiele mit gewaltbereiten Fangruppen sind sehr selten, die Zahl der Tifosi eher überschaubar.
Ganz anders war es bei diesem Spiel. Die Fans beider Mannschaften gelten eher als »fanatisch«. Heisses Wetter und billiges Bier leisteten ihren Beitrag, dass die Stimmung schon am Tag vor dem Spiel teilweise überkochte. Die Polizei musste die Fan-Gruppen auseinanderhalten und gegen Randalierer vorgehen.
60 Fans sind bereits am Vorabend in Gewahrsam genommen worden, vier wurden dem Richter vorgeführt. 80 italienische Ultras wurden des Landes verwiesen.
Ausschreitungen sind bei einem solchen Fussballspiel nichts aussergewöhnliches. Auch Fans der »Eintracht Frankfurt« sind beispielsweise in der Woche zuvor in Sevilla verhaftet worden, nachdem es zu Ausschreitungen gekommen war. Es waren aber niemals so viele Personen betroffen.
Ob es an gewaltbereiten Fans lag oder der fehlenden Erfahrung der Polizisten, was Deeskalation bei Fussballfans angeht, ist schwer zu sagen. Jedenfalls gab es einige sehr unschöne Szenen. Auch mehrere Albaner sind – aus welchen Gründen auch immer – mit holländischen Fans zusammengeraten und mussten danach im Krankenhaus behandelt werden. Wie auch fast 20 albanische Polizisten.
Von niederländischer Seite finden sich jedoch lobende Worte: Auf Twitter war zu lesen, dass französische Polizisten durchaus noch von den albanischen Kollegen lernen könnten, die zum ersten Mal ein solches Spiel organisiert haben.
Mehr Mühe bekundeten die Albaner mit den pöbelnden, betrunkenen und gewaltbereitenden holländischen Fans. Ganze Gruppen von Männern, die gegen Hauswände urinieren, waren für sie ein schockierendes Bild. Die Idee, bei Grossanlässen mobile Toiletten aufzustellen, hat sich in Albanien noch nicht etabliert (vgl. Bericht zum Konzert von DJ Bobo 1999). Und auch sonst gab es am Tag nach dem Final viel aufzuräumen, wie die Medien berichteten.
Der Flughafen von Tirana hatte wegen des Fussballspiels das grösste Verkehrsaufkommen in seiner Geschichte zu bewältigen. Gestern wurden über 70 Landungen verzeichnet. Dutzende von Charter-Flügen brachten Fussballfans aus Holland und Rom nach Albanien – daneben brummte der normale Flugverkehr, der den Flughafen bereits regelmässig an seine Kapazitätsgrenzen bringt. Tausende Fans landeten am Vormittag, Tausende verliessen Albanien in der Nacht wieder. Die Flugzeuge stauten sich in der Zwischenzeit und mussten zum Teil auf der Rollbahn parken. Die detaillierten Vorgaben der albanischen Flugbehörden und des Flughafens für Charterflüge zeugen von guter Vorebreitung, aber auch von einer Extremsituation.
Vorgesehen war, dass ab 1 Uhr nachts innerhalb einer Stunde 14 Flüge von Tirana nach Rom starten. Sieben weitere nach Rom und Rotterdam waren für später in der Nacht geplant. Die ersten Maschinen starteten dann gegen 2:30 Uhr. Es war wohl eine rechte Herausforderung, Tausende von feiernden Fussballfans zum Flughafen und in die Flugzeuge zu bringen – so eilig hatten die es wohl auch nicht.
Albanien hat sich gut präsentiert auf der internationalen Bühne: ein gelungenes Fussballfest in einem wunderschönen Stadion. Hoffen wir, dass auch die albanische Wirtschaft ein wenig vom Anlass profitieren konnte. Für den Tourismus war es aber wohl gute Werbung.
Die Auswirkungen, die ein solcher Anlass mitsichbringt, wurden wohl etwas unterschätzt.
20’000 bis 30’000 Fans innnert ein paar Tagen ein- und ausfliegen: Dafür ist die Infrastruktur rund um den Flughafen und das Stadion nicht gemacht.
20’000 bis 30’000 Fussballfans, die zwei Tage lang die Innenstadt belagern, feiern und viel trinken – sie hätten wohl mehr Platz und WCs gebraucht.
Fussballstadien in der Innenstadt sind sympathisch, aber nicht immer sehr praktisch, wenn es um die zeitgleiche Abreise vieler Fans gleichzeitig geht.
Man muss schon fast froh sein, dass das Air-Albania-Stadion in Tirana – in der Berichterstattung durchwegs als Nationalstadion bezeichnet – nur 22’000 Zuschauer fasst. Mehr wäre nicht machbar gewesen.