Der General der anderen toten Armee

In seinem Roman »Der General der toten Armee« erzählte Ismail Kadare von den Mühen eines ausländischen Generals, der im Krieg gefallene Soldaten exhumieren soll. Mit den Griechen gibt es solche Probleme jetzt wirklich.

Was Kadare in seinem Roman als fiktive Geschichte erzählte, wurde jetzt Wirklichkeit. Eine fremde Nation lässt in Albanien die sterblichen Überreste von Soldaten ausgraben, und es entstehen lauter Probleme: Während des Zweiten Weltkriegs in Albanien gefallene griechische Soldaten sollten auf einen Ehrenfriedhof verlegt werden. Und plötzlich tauchen fragen auf, ob es sich bei den Leichen in Wirklichkeit nicht um Albaner handle.

Soldat oder Kind?
Die Gebeine von 69 Personen lagern jetzt bei der Kirche des Dorfes Kosina, einem kleinen Dorf nördlich von Përmet. Sie stammen aus verschiedenen Fundorten der Region, wobei auf gewissen Friedhöfen fremde Soldaten neben den Einheimischen begraben wurden. Ein Arbeiter, der für jedes ausgegrabene Skelett 1500 Lek (ca. CHF 20) erhalten hatte, später aber entlassen wurde, warf den Ausgräbern vor, nicht nur Soldaten eingesammelt zu haben. Es seien auch Kinderknochen dabei gewesen und es würden Gräber von Verwandten fehlen, sagen Bewohner der Dörfer.

Priester unter Verdacht
Der lokale Priester von Kosina, der massgeblich bei der Exhumierungsaktion beteiligt war, wurde von den lokalen Untersuchungsbehörden vorgeladen. Er verweigert aber jegliche Zusammenarbeit mit den Behörden, die vorläufig noch davon absehen, unter Gewalt die gesammelten Skelette zu prüfen.

Internationales und interreligiöses Problem
Die Zurückhaltung der Behörden ist mitunter damit begründet, dass sie keinen religiösen Disput in der von Muslimen und Orthodoxen bewohnten Region aufkommen lasen wollen. Die Angelegenheit hat aber auch einen internationalen Charakter: Der griechische Innenminister hat bereits einen Besuch in Albanien abgesagt, weil der Soldatenfriedhof noch nicht wie von der albanischen Regierung versprochen angelegt worden war. Beobachter befürchten, dass auch Diskussionen um »Nord-Epirus« – die unter anderem von Griechen bewohnten Gebiete Albaniens – wieder aufflammen könnten. Ein möglichst grosser Ehrenfriedhof soll die Bedeutung von Nord-Epirus für Griechenland unterstreichen.

>> Ismail Kadare: »Der General der toten Armee«

(Reuters, ADN)